
mitgeteilt von Peter Brandt
Putins fatale Entscheidung, die Ukraine anzugreifen und völkerrechtswidrig einen Krieg in Europa vom Zaune zu brechen, hat dazu geführt, dass in Politik und Medien immer wieder die sozialdemokratische Entspannungspolitik, teilweise zurückgehend bis Willy Brandt und Egon Bahr, sowie die Politik nachfolgender Jahrzehnte indirekt für den Angriffskrieg mitverantwortlich gemacht wird. Wir widersprechen dem nachdrücklich und rufen im Folgenden die Rahmenbedingungen und Mechanismen in Erinnerung, unter denen Entspannung im alten Ost-West-Konflikt möglich wurde. Dies hat letztlich zu dessen Ende geführt und die Deutsche Einheit mit ermöglicht. Diese Phase ist historisch abgeschlossen und nicht ursächlich für das jetzige Desaster. Ungeachtet dessen wird behauptet, dass eine vermeintlich allein auf Kooperation gebaute Politik den Herrscher im Kreml ermutigt habe, den heutigen gewaltsamen und alle Regeln missachtenden Weg zu gehen. Entscheidend wird in Zukunft sein, ob und unter welchen Bedingungen es wieder zu einer Phase kooperativer Sicherheit kommen kann. Das Schweigen der Waffen in der Ukraine, die Respektierung und Sicherung ihrer staatlichen Integrität und eine stabile, dauerhafte Friedenslösung sind dafür die zentralen Voraussetzungen. Viele strukturelle und inhaltliche Fragen zur europäischen Sicherheit, die zumeist nicht neu sind, stellen sich in diesem Zusammenhang. Sie bedürfen aber unter den neuen Bedingungen neuer Antworten.
von Max Ludwig
Lieber Freund,
weil Du der einzige unter denen bist, deren Ansichten zum NATO-Stellvertreterkrieg in der Ukraine ich ablehne, von dem ich dazu aber etwas gelernt habe, möchte ich Dir kurz meine Gedanken zu den Ereignissen dieses Konflikts seit unserem letzten Gespräch vor etwa sechs Wochen mitteilen.
Offensichtlich ist Russland dabei, seine territorialen Kriegsziele zu erreichen: Eroberung des Donbass, Charkows und der Schwarzmeerküste bis Transnistrien – wenngleich noch offen ist, ob Russlands Kräfte für die Einnahme Odessas reichen werden.
Die russische Armee und ihre lokalen Alliierten werden die ukrainischen, von der NATO ausgerüsteten und jahrelang ausgebildeten Streitkräfte besiegen. Die seit Kriegsbeginn stattfindende Nachrüstung durch die NATO und der Zufluss an westlichen Söldner und Ex-NATO Soldaten ist nicht ausreichend, ein großer Teil der vor dem Krieg vom Westen gut ausgebildeten ukrainischen Soldaten ist tot oder verkrüppelt, die Rekruten verfügen über unzureichende militärische Ausbildung und Praxis.
von Herbert Ammon
I.
Putins Krieg in der Ukraine, der die Deutschen aus ihrer jahrzehntelangen Friedensgewöhnung aufgeschreckt hat, ist das beherrschende Thema in Politik und Medien. Alle sind sich einig in der Empörung über den Aggressor Putin und im Entsetzen über die Schrecken des Krieges. Dissens, der sich weniger zwischen Regierung und Opposition als innerhalb der Ampel-Regierung – zwischen Kanzler Scholz und Außenministerin Baerbock, zwischen SPD-Fraktionschef Mützenich und FDP-Wehrexpertin Strack-Zimmermann – und über die Parteilinien hinweg abzeichnet, besteht allein hinsichtlich der Frage, wie dem Aggressor entgegenzutreten, d.h. wie die angegriffene Ukraine zu unterstützen sei und welches der richtige Weg zur Beendigung des Krieges sein könne.
Sämtliche Abbildungen mit freundlicher Genehmigung der Urheber. Front: ©2024 Lucius Garganelli, Serie G