
Haltungsschäden in der Kultur
von Ulrich Schödlbauer
Zum achtzigsten Geburtstag des Dichters Thomas Körner rührte sich im deutschen Medienwald naturgemäß nichts. Naturgemäß deshalb, weil es zur Natur des Waldes gehört, dass es gerade so heraushallt, wie man hineinschreit. Einer, dem das Schreien so schwer fällt wie diesem Autor, teils, weil er die leisen Töne bevorzugt, teils, weil er der Auffassung ist, Dichtung beginne jenseits des Schreivorhangs, Öffentlichkeit genannt, und man müsse ihn erst durchschritten haben, um zu zählen, zählt natürlich nicht zu denen, die im Lande Rübezahl jetzt aber echt zählen.
von Ulrich Schödlbauer
»Großmütterchen, warum hast du Väterchen das Herz weggefressen?«
»Warum fragst du mich das?«
»Weil es mein Väterchen ist.«
»Hör zu, Kind. Ich habe genossen…«
»Was heißt ›genossen‹?«
»… was mein ist. Dein Väterchen war Fleisch von meinem Fleische und Blut von meinem Blut.«
»Und ich seins. Aber gefressen hat er mich nicht.«
»Weil er ein Schlappschwanz war.«
von Ulrich Schödlbauer
Das Risiko unterzugehen wächst im Quadrat einer Erfahrung, die sich in die Worte fassen lässt: Hoppla, wir schwimmen ja! Der Glaube an sich selbst (und seine Sendung) treibt den Menschen hinaus, aber er fühlt sich nicht als Getriebener, sondern als Gestalter. Ein herrliches Gefühl, wenn man mich fragt, aber ein trügerisches. Das macht sich im Unglauben bemerkbar, der still und heimlich an der Wurzel des Glaubens nagt und ihn in immer größere Höhen klettern lässt, während er zäh seinen Fall betreibt. Man kann das gut an den öffentlich-unredlichen Investoren in die Meinungsvielfalt beobachten, deren Gesinnungsstärke stark vom Gewicht der Institutionen abhängt, die sie beherbergen. Im Rudel glaubt es sich besser. Andererseits kennt das Rudel sich selbst genau und weiß, wie wenig es bedeutet, was die Kollegin gerade ihren Zuhörern auftischt, und was dabei alles unter den Tisch fällt.
Sämtliche Abbildungen mit freundlicher Genehmigung der Urheber. Front: ©2024 Lucius Garganelli, Serie G