von Ulrich Schödlbauer

Vom Ausfälligwerden zum Ausfall: ein kleiner Schritt für den Einzelnen, ein großer Schnitt für die Menschheit.

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Den ausfälligen Kritiker erkennt man an seinem Gefolge. Flippt es aus, weiß man, er hat’s wieder getan. Fällt es aus, weiß man: Er hat die Hand gebissen, die ihn füttert.

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Regelsadisten sind Menschen, die Regeln messerscharf auslegen. Schneidet sich jemand, bemerken sie höhnisch: »Selbst schuld.«

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Verfolgungszeiten erkennt man am Anwachsen des Selbstschuldseins.

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›Selber schuld‹ bedeutet: Dem ist nicht zu helfen. ›Selbst schuld‹ bedeutet: Dem darfst du nicht helfen.

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Die verfolgende Unschuld ist immer schon die verfolgte. Das ist der wirkliche Grund, aus dem man sie auf die Menschheit loslässt.

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Wörter, die aus meinem Mund kommen, sind immer meine Wörter. Ein Maulkorb aus Wörtern ist immer mein Maulkorb, egal, wem ich ihn verpasse oder wer ihn mir verpasst hat.

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Maulkörbe besitzen den Vorteil, dass jeder weiß, was sie bedeuten. Es schickt sich aber nicht, darüber zu reden (es sei denn auf Zungenhöhe).

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Ein Zugschaffner, der seine Fahrgäste anschnauzt, den Maulkorb korrekt anzulegen, andernfalls blieben sie auf der Strecke, steht im Zenith seiner Persönlichkeit. Wohin er auch blickt: Es geht bergab.

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Ein Mal darf dieser da den Doppelpunkt vergessen, der tief in den Eingeweiden seiner Berufsbezeichnung wütet: ein Mal nur, mehr bedarf’s nicht.

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Man hebelt den Rechtsstaat nicht aus. Man hebelt ihn ein. Wer denkt: Tiefer geht’s nicht, und jeden Tag feststellt, dass man wieder gesunken ist, sollte den Irrglauben meiden, auf hoher See zu sein.

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»Ich bin das Recht«, sagt das Recht. Weiß es, was es da sagt? Hat, was als Recht spricht, automatisch Recht? Manches hält sich für rechtschaffen und ist doch nur neue Rechtschreibung.

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Als autoreferenzielles System ist das Recht Wachs in der Hand des Gesetzgebers. Was, wenn der Gesetzgeber Wachs ist? In wessen Hand?

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Recht, das den Souverän aushebelt, katapultiert sich selbst ins Abseits.

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Leute, die ihre Stirn in Falten legen, um das Wort ›deutsch‹ auszusprechen, nennt man ›viktimogen‹.

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Kommt ›Kompromat‹ ins Spiel, endet alle kritische Einrede. Aber wie steht es mit dem Gegenteil? ›Honorat‹ verwandelt alle Einrede in kritische – nach dem Kraftmotto: ›Unbeschädigt kommt hier nur einer raus und das muss ich sein.‹

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»Verraten Sie mir, wie Sie aus der Geschichte rauskommen wollen und ich verpasse Ihnen eine, aus der kommen Sie nie raus (jedenfalls nicht lebend).« Nötigung oder Notwendigkeit?

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Wer sich zum Wehrdienst meldet, muss damit rechnen, genommen zu werden, wenn niemand damit rechnet.

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Medien sind Werbeträger. Lass sie fallen und sie ziehen dich in den Schmutz.

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Ich grenze aus, du grenzt aus, er sie es grenzen aus. Wer Grenzen zieht, wird seine Gründe haben. Man sollte nach den Gründen fragen, wenn irgendwo ausgegrenzt wird. Die Methoden sind bitter, aber nachrangig. Soll heißen, sie sorgen für Verbitterung als Sinnersatz. Das zugrundeliegende Modell ist der Hund, der sich in den Schwanz beißt.

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Ich, Denkmal allen Unrechts, das mir geschah.

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Wem das Zuhause entgleitet, wem will der helfen?

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Lockvögel ins Unglück sind weg, sobald es eintritt. Tantiemen wollen verzehrt sein.

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Einem Minister, der lieber groß scheitern als nichts bewegen will, sollte man Kafkas Landarzt ins Bett legen.

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Wer nicht sieht, was ihm fehlt, wie soll der spüren, was er anderen entzieht?

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