Homerisches Gelächter
von Boris Blaha
Ulrich Schödlbauer hat einen Roman, einen politischen Roman über T. geschrieben. Hören Sie mir überhaupt zu? Was? Politisch? Über T? Diesen durchgeknallten Irren, der das Weiße Haus gekapert hat und seither durch die moderne, bisher so gut aufgeräumte Welt irrlichtert? Das liest doch keiner, wo doch jeder schon weiß, was für ein unmöglich aufgeblasener Volltrottel dieser T. ist.
Eigentlich ist es ja auch gar kein Buch über T., sondern mehr über uns aus der Perspektive von T. Der Plot: Zwei alte lebenserfahrene Männer, ideengeschichtlich versiert, auf dem Weg nach unten unterhalten sich auf entsprechend hohem Niveau über T. 's Weg nach oben und seine unvermeidlichen Begleiterscheinungen. Der eine, ein gereifter, vietnamesischer Kommunist, der andere ein von ›Lolita‹ verführter Menschheitsfreund mit zu viel Geld. Schon der Plot verspricht intellektuelles Vergnügen.
Ein herrliches homerisches Gelächter durchzieht das Buch von der ersten bis zur letzten Seite, weil es ein so wunderbares Buch über den westlichen Ikarus ist, der der Sonne zu nah kam, abstürzte, als neuer Phönix wieder aufstieg und – dumm und erfahrungsresistent, wie er ist – immer wieder verbrannte. Zur Einstimmung möchte ich einen Punkt etwas näher beleuchten: den Zeitpunkt. Wie T. und sein angelsächsischer Gefährte B. erscheint auch dieser ›politische‹ Roman zu einem bestimmten, einem machiavellischen Moment.
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- Geschrieben von: Blaha Boris
- Rubrik: Kultur
Von der Kulturnation der Deutschen war in der Vergangenheit viel die Rede. Sie galt als Klammer zwischen den beiden Deutschland, die nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden, um durch die ›Einheit‹ (die nach dem Willen ihrer Verächter keine ›Wiedervereinigung‹ sein durfte) 1990, nun ja, nicht ersetzt, doch zumindest in ihrer staatlichen Getrenntheit kassiert zu werden. Seither, vor allem während der letzten Merkel-Jahre, schwang das Pendel des nationalen Selbstverständnisses in die andere Richtung. Das ging bis hin zu der denkwürdigen Aussage einer deutschen Integrationsbeauftragten, eine deutsche Kultur sei jenseits der Sprache schlicht nicht identifizierbar. Die Edition Europolis hat verdienstvollerweise einen ursprünglich im Jahrbuch für Kulturpolitik 2015/16: Transformatorische Kulturpolitik erschienenen Essay des Schriftstellers Friedrich Dieckmann als Separatdruck in drei Sprachen (deutsch, französisch, polnisch) herausgebracht, der Herkunft und aktuellen Gehalt des Begriffs unter verschiedenen Gesichtspunkten unter die Lupe nimmt.
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- Geschrieben von: Schödlbauer Ulrich
- Rubrik: Kultur
von Gunter Weißgerber
Es ist ein zuverlässiges Déjà-vu. Vor vier Jahrzehnten galt in deutschen Landen Ronald Reagan als ›Gottseibeiuns‹. Heute ist Donald Trump der Teufel und rangiert im öffentlich eingespielten Diskurs weit vor zeitgenössischen Diktatoren und mörderischen Regierungschefs.
Seit Jahrzehnten ist der Boden für solche Verzerrungen fruchtbar. Leider düngten ihn auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzlerin Angela Merkel und große Teile der vierten Gewalt. Deutsches Staatsoberhaupt, Bundesregierung und Medien auf gemeinsamen Kampagnenwegen gegen den Präsidenten des wichtigsten befreundeten Staates? Man muss nicht ›T‹ sein, um Hass und Hetze aus Freundesland merkwürdig zu finden.
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- Geschrieben von: Weißgerber Gunter
- Rubrik: Kultur
- Cora Stephan »Ab heute heiße ich Margo«, Köln (Kiepenheuer & Witsch) 2018, 638 Seiten (Gunter Weißgerber)
- Edlef Köppen, Heeresbericht, Ost-Berlin (Verlag der Nation) 1981, 383 Seiten (Gunter Weißgerber)
- Antje Sievers: Tanz im Orient-Express, Berlin (Achgut Edition) 2018, 150 Seiten
- Filmrezension: Nur Gott kann mich richten von Özgür Yildirim
- Judentum und Revolution: Der Weltverband Poale Zion zwischen Zionismus und Kommunismus Zeitschrift für historische Studien 2017/II
- Der grüne Raum von Saint-Leu
- Michel Pastoureau: SCHWARZ - Geschichte einer Farbe. Darmstadt (Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Imprint des Philipp von Zabern Verlags) 2016, 207 Seiten
- Henri Parens: Heilen nach dem Holocaust. Erinnerungen eines Psychoanalytikers, Gießen (Psychosozial) 2017, 319 Seiten
- Henning Eichberg: Questioning Play. What play can tell us about social life. London (Routledge) 2016. 284 Seiten, 10 s/w Illustrationen
- Bottenberg: kehlungen.ent.kehlungen
- Paul Celan - Peter Szondi - Briefwechsel
- Bottenberg: Atem-Schaltungen
- Zu Gedichten von E.H. Bottenberg
- Poschmann: SchwarzWeissRoman
- Michael Schulze: Konzept und Werkbegriff
- Victor Serge und sein ›Fall Tulajew‹
- Ralf Willms: Phobos. Notat-Gedichte. Heidelberg (Manutius) 2012
- Ordnung und Gegenwart
- Silke Scheuermann: Über Nacht ist es Winter
- André Schinkel: Unwetterwarnung
- Gedichte, Gewalt
- Kleine Rückschau auf einen Zwischenbericht
- Tätervolk und Opferstatus