
von Helmut Roewer
Man kann sicher sagen, dass es nicht gerade auf der Hand liegt, an einem nasskalten Samstag mit dem Auto die 400 Kilometer von Schilda nach Schwedt an der Oder zu fahren. Doch es gab zwei Gründe: Zum einen wollte ich diese Stadt einmal aus der Nähe sehen, die letztes Jahr zum ersten Mal in mein Bewusstsein vordrang, als ich mir über die Konsequenzen des Russland-Boykotts mainstream-freie Gedanken machte. Zum andern: Bei Einlesen in die Stadt-Annalen fiel mir im Veranstaltungskalender ein Ulrich Tukur-Konzert ins Auge. Das gab dann den Ausschlag. Für alle Miesepeter, die es gottlob unter meinen zwei bis drei Lesern nicht gibt, sei der Hinweis erlaubt, dass ich die Kombination von Wissensgewinn und Kunstgenuss für zulässig erachte: Das schwer Verdauliche rutscht so unter Umständen besser.
von Herbert Ammon
Im Sommer 1946 entdeckte die Cellistin Susanne Hirzel in der Zeitung einen Aufruf von Ricarda Huch Zeugnisse für ein Buch zum Gedenken der »Heldenmütigen« zu sammeln, die den Versuch gewagt hatten, das »klug gesicherte Schreckensregiment« zu stürzen. Die Schriftstellerin, über ihren Schwiegersohn Franz Böhm dem Widerstand des 20. Juli verbunden, hatte es sich »zur Aufgabe gemacht, Lebensbilder dieser für uns Gestorbenen« für ein solches Gedenkbuch aufzuzeichnen, »damit das deutsche Volk daran einen Schatz besitze, der es mitten im Elend noch reich macht.«
von Ulrich Schödlbauer
Im September 2022 teilt der Journalist Reitschuster seinem Publikum mit, ihm habe nunmehr die vierte Bank in Serie Geschäfts- wie Privatkonto gekündigt. Der Clou an diesen Kündigungen scheint, neben der Schikane als solcher, darin zu bestehen, dass anschließend die Kundenüberweisungen ins Leere laufen. Es ist anstrengend, Journalist in Deutschland zu sein.
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Kollegensolidarität: Achgut-Mitherausgeber Maxeiner springt dem gepiesackten Kollegen mit einem Artikel zur Seite. Wer gedacht hätte, er sei einer von vielen, sähe sich an jenem Morgen – wie auch an den kommenden – getäuscht.
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Weiterscrollend auf Reitschusters Seiten erfährt man, dass die Polizei damals Familie und Verwandtschaft besucht hat, um sich über ihn zu unterhalten, ohne Offenlegung der Gründe. Das gemahnt flüchtig daran, dass etliche Kilometer entfernt der ›Querdenker‹ Ballweg seit sieben Monaten in Untersuchungshaft sitzt, während, folgt man den öffentlichen Einlassungen der Anwälte, die Staatsanwaltschaft sich noch immer auf der Suche nach Bestätigungen für ihren Verdacht befindet.
von Ulrich Schödlbauer
Beraterwissenschaft und Alltagsterror. Mit der Politik der Lockdowns hat die Beraterwissenschaft in bislang ungekannter Weise ins Alltagsleben der Menschen eingegriffen. Die neue Macht soll, wie man den Medien entnimmt, verstetigt werden. Letzter Vorstoß des emeritierten Klima-Papstes (Schellnhuber): In Zukunft sei dem Einzelnen ein Kohlendioxid-Kontingent von drei Tonnen pro Jahr gewährt. Jedes weitere Gramm sei per Emissionshandel hinzuzuerwerben. So weit die Stimme der Wissenschaft.
von Herbert Ammon
Macht, Interessen und Moral
Ein Ende des vor knapp einem Jahr, am 24. Februar 2022, von Russland unter Präsident Putin eröffneten Ukraine-Krieges – und alles damit verbundenen Leides – ist vorerst nicht abzusehen. Im Gegenteil: Mit der nunmehr von der Bundesregierung beschlossenen – von Polen bereits zuvor eigenständig angekündigten – Lieferung deutscher Kampfpanzer des Typs Leopard II an die Ukraine steht eine weitere Eskalationsstufe bevor.
Wie sich das Kriegsgeschehen danach entwickelt, hängt von nicht berechenbaren Faktoren ab. Zusammengesetzt aus Machtverhältnissen und -projektionen, Interessen, Psychologie, Ideologie, militärischem Potential, Ressourcen und Strategie, ergibt sich ein ›modernes‹ politisches Puzzle. Eine Auflösung des Ukraine-Rätsels scheint in mehreren Varianten denkbar. Sofern wir eine Eskalation bis zum Einsatz von Atomwaffen ausschließen, dürfen wir über folgende Alternativen spekulieren:
a) der ›totale‹ Sieg der einen oder anderen Seite
b) beidseitige Erschöpfung, die am Ende zu einem wie immer gearteten Kompromissfrieden nötigt
c) ein Regimewechsel in Moskau oder Kiew, der den Weg zu Verhandlungen eröffnet
d) ein nachlassendes Interesse der USA, ein ›Einschlafen‹ des Krieges auf dem Gebiet der Ukraine sowie ein Erstarren der Fronten im Donbas.
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Sämtliche Abbildungen mit freundlicher Genehmigung der Urheber. Front: ©2023 Monika Estermann: Lascaux