
von Helmut Roewer
Zweiter Anlauf, dem Konservativen auf die Schliche zu kommen
Falls Sie einen Christen kennen, kann es Ihnen widerfahren, dass dieser Sie beiseite nimmt, um Ihnen zu sagen, dass er konservativ sei. Sie stutzen und fragen, nachdem Sie sich umgesehen haben, zurück, wie er das denn meine. Nun, sagt er, er wähle, seit er denken kann, die CDU, und neuestens – erneutes vorsichtiges Umblicken – die Werteunion. Aber, ganz im Vertrauen gesagt, das müsse er sich jetzt doch noch mal überlegen. Also zur Not noch mal CDU? fragen Sie.
von Don Albino
Die Brandmauer, das sind wir, sagte die Abgeordnete der Linken am 31. Januar 2025 im Deutschen Bundestag – und es ist was dran, es ist was dran. Die AfD hat erstaunlich lange gebraucht, um das Wort von den ›Brandmauertoten‹ zu kreieren, obwohl es so nahe lag und durch die zementierten Abstimmungsrituale den Politikern geradezu auf die Lippen geschoben wurde. Das Volk, das gewisse ›Volk‹ war da weiter – in Aufgebrachtheit und Ablehnung, in Pro und Contra, und nicht zuletzt in der Frage: Wem nützt’s? Der von der eigenen Fraktion gerade auf Normalmaß zurückgestauchte Kanzlerkandidat der Union hat es endlich geschafft, dieser Frage Zutritt zur großen Wahlkampftribüne zu verschaffen: Wem nützen die Ermordeten? Eine heikle Frage, in der Tat, man sollte die Gruppe der Täter bei der Suche nach einer Antwort nicht vom Haken lassen, aber daran zeigt vorderhand niemand Interesse. In anderen Ländern scheint man da weiter zu sein.
von Rainer Paris
Die Stimmabgabe bei Wahlen ist ein einfacher Akt: Man macht an einer bestimmten Stelle sein Kreuz und hat damit seiner demokratischen Bürgerpflicht und Verantwortung Genüge getan. Und dann geht man nach Hause und wartet am frühen Abend die ersten Ergebnisse und Hochrechnungen ab.
Das Vorfeld jedoch ist, zumal in heutigen Tagen, kompliziert. Vorbei sind die Zeiten, in denen es klare Präferenzen für bestimmte Parteien gab und man immer schon wusste, wen man wählen würde. Nicht nur, dass die Zahl der Parteien erheblich zugenommen hat; heute muss man von vornherein in möglichen oder absehbaren Koalitionsoptionen denken, also die gesamte Figuration einbeziehen, wenn man den Wirkungsgrad seiner Stimme abschätzen will.
von Don Albino
Lassen Sie mich so anfangen: Wer den Tanz ums Goldene Kalb als Urbild aller Firmenkultur begreift, für den dürfte Elon Musks Häuptlingstanz… Schon falsch! Haben Sie ihn gesehen? Haben Sie sich umgesehen? Eher nicht? Das habe ich mir gedacht. Das ist das Schöne am heimischen Publikum: die uninformierte Informiertheit. »Lesen Sie ruhig weiter, auch wenn Sie nichts verstehen.« »Was gibt’s?« Es ist gegenwärtig kein Reisewetter, da kann man schon einmal durch die News scrollen. Hat gemacht! Ja was denn? Pardon, das hier sind keine News. Erwarten Sie Reflexion, pure Reflexion.
von Ulrich Schödlbauer
WELTOFFEN, mit einem großen runden O in der Mitte: In Großbuchstaben steht das Wort über der modernen Einwanderungsgesellschaft, man könnte meinen, es handle sich um das Gegenstück zu Dantes Höllen-Inschrift Lasciate ogni speranza, voi ch'entrate! Wobei, wie jeder weiß, es gar nicht so einfach ist, alle Hoffnung fahren zu lassen. Im Ernstfall benötigt man dazu die höllische Assistenz. Die weltoffene Gesellschaft, gäbe es sie ohne Wenn und Aber, wäre eine Gesellschaft ohne Türen, somit auch ohne wirklichen Innenraum und ohne die Hoffnung, es möge an dieser Stätte besser oder gerechter zugehen als anderswo. Ihr bliebe einzig die Hoffnung, to make the world a better place, wie einst der Wahlkampfslogan des amerikanischen Präsidentschaftskandidaten und späteren Präsidenten Obama verhieß, zu dessen Amtszeiten dann pünktlich der Drohnenterror perfektioniert wurde. Doch da nirgends so heiß gegessen wie gekocht wird, sind solche Stätten sehr selten, am ehesten trifft man sie auf dem Papier. Wirkliche Weltoffenheit scheint eher eine Sache des Mehr oder Weniger zu sein, das klug erwogen sein will.
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Sämtliche Abbildungen mit freundlicher Genehmigung der Urheber. Front: ©2024 Lucius Garganelli, Serie G