
Trend zur Briefwahl: Verfassungsproblem?
von Gunter Weißgerber
Im Zuge des menschengemachten Pandemieregimes bekommt die Briefwahl größere Bedeutung. Zum Schutz der Bevölkerung vor Ansteckung raten viele Politiker zur Briefwahl statt zur Stimmabgabe am Wahltag im Wahllokal. Die Wahlkabine gerät damit in Vergessenheit.
In der DDR wurde mit Argusaugen beobachtet, wer auch nur die Wahlkabine suchte, die ohnehin als Wink mit dem Zaunpfahl mit ihrer Öffnung an die Wand gedrückt war. Und in der Bundesrepublik des Kabinetts Merkel IV gilt als Anstecker, zu anderen Zeiten liebevoll als Schädling betrachtet, wer im Wahllokal sein Wahlrecht in Anspruch nimmt. Eine gefährliche Entwicklung.
Klimamodelle, Teil III – Das Gerede von der Unmöglichkeit der Vorhersage in komplexen Systemen
von Hans von Storch
Jobst Landgrebe stellt in seinem Beitrag »Gewissheit in der Wissenschaft und Ungewissheit in der Klimaforschung« kategorisch fest: »Solche Systeme können immer nur in Teilaspekten approximativ mathematisch modelliert werden, Kausalmodelle oder nahezu exakte prädiktive Modelle sind bei ihnen nicht möglich.« Wenn dem so ist, dann ist das Klimasystem nicht von dieser Art, denn wir können einen Aspekt hervorragend vorhersagen, und den Grund für diesen Erfolg angeben: den Jahresgang. Die Vorhersage, dass bei uns der nächste Januar kälter ist als der nächste Juli, hat sich in der Vergangenheit als richtig erwiesen. Ursprünglich eine empirische Aussage, wird sie jetzt in Klimamodellen realisiert (Modelle im Sinne: quasi-realistisch, maximal komplex, vgl. meinen Beitrag Klimamodelle, Teil I – Modellbegriff und Zweck), und der antreibende Faktor ist die veränderliche kurzwellige solare Strahlung. Diese Modelle sind auch erfolgreich darin, den Unterschied des Jahresganges in den mittleren Breiten von Süd- und Nordhalbkugel darzustellen und vorherzusagen.
Warum sagt niemand, dass wir ein Problem mit dieser Kanzlerin haben?
von Ulrich Schödlbauer
Das ist ein Jahrhundertsatz, geformt von Millionen Mündern und damit ein geflügelter Widerspruch in sich ähnlich der aus der Antike überlieferten Ansage eines ansonsten unbekannten Kreters: Alle Kreter lügen. Lügen nun all jene, die diesen Satz wie eine Monstranz vor sich hertragen, die einen seit Jahren, die anderen seit den jüngsten Lockdown-Beschlüssen, zu denen jedem, der seine Sinne beisammen hat und gelegentlich noch mit den Nachbarn redet, nichts weiter mehr einfällt als Heilige Einfalt!, oder sagen sie die Wahrheit, die bittere Wahrheit und sonst nichts? Nun ja, sie sagen es ja: Niemand sagt es, also sind sie niemand, patentierte Niemande, die sich selbst bescheinigen, niemand zu sein. Wie konnte es dazu kommen, dass so viele in diesem Lande, wie die Phrase lautet, sich für Niemande halten, schlimmer: für niemand?
Politische Ideen des Westens im 21. Jahrhundert
von Johannes Eisleben
Wir beobachten derzeit eine fundamentale Neuausrichtung der politischen Ideensysteme im westlichen Kulturraum. Ihr Treiber ist die Globalisierung. Die großen politischen Ideensysteme der Aufklärung: Liberalismus, Konservatismus und Sozialismus lösen sich in dieser Entwicklung auf, sie verlieren ihren Sinn, eine neue Konstellation entsteht.
Was gibt es zu sehen? Schauen wir zunächst kurz auf die Geschichte der drei traditionellen politischen Ideengruppen zurück, um deren Auflösung zu verstehen.
Der politische Liberalismus entstand als Bewegung des englischen Bürgertums zuerst im 17. Jahrhundert – im Parlament bildete sich eine Gruppierung, die man Whigs (von whiggamor – Viehtreiber, im Gegensatz zu den urbanen Tories) nannte, sie war die politische Kraft, die eine katholische Thronfolge fürchtete und bei der Glorius Revolution 1688 die Protestanten William III und Mary II unterstützten und damit England in eine konstitutionelle Monarchie verwandelten. Die Whigs des 17. und 18. Jahrhunderts, die ab dem Beginn des 18. Jahrhunderts die englische Politik für gut fünfzig Jahre dominierten, waren Bürgerliche und Angehörige des niederen Adels, die politisch einen klassischen Liberalismus vertraten: Antikatholizismus, Parlamentarismus, Rechtsstaatlichkeit mit dem Eigentumsrecht und Freiheitsrechten als zentralen Werten, sowie Eigenverantwortlichkeit, Freihandel und Abolitionismus (Abschaffung der Sklaverei). Ihr wichtigster Ideengeber war John Locke. In seiner im 17. Jahrhundert ausformulierten Philosophie waren bereits die wichtigsten politischen Grundsätze vorhanden, die für den politischen Liberalismus bis heute wesentlich sind. Im 18. und 19. Jahrhundert wurde der Liberalismus vor allem um die Theorie der Gewaltenteilung, den liberalen Universalismus, den Wirtschaftsliberalismus, eine Neuformulierung und Vertiefung des Naturrechts als Menschenrechte, den Begriff der Würde des Menschen und den Individualismus erweitert.
Objektanalyse eines historischen Bettes in der Psychiatrie
von Felicitas Söhner
Ein Anwendungsbeispiel für die Winterthur-Methode nach Fleming
Einleitung
Artefakte sind auf mehrfache Weise mit Geschichte verbunden. Zum einen liegt jedem Ding selbst eine ›Biografie‹ zugrunde, da es nach seiner Anfertigung unterschiedliche Nutzungsphasen durchläuft; zum anderen lässt sich über den Vergleich mehrerer Objekte als Exemplare einer Produktgattung der Wandel in Gestaltung und Ausstattung sowie Nutzung und Bedeutung eruieren.(Weber, S. 164) Objekte lassen sich als mögliche ›Schlüssel‹ für Handlungsmuster in soziomaterialen Beziehungsnetzen verstehen. Ausgehend von der Materialität des Objekts können dessen Situiertheit und soziale Ordnung erfragt werden. ›Materialität‹ verweist vor allem auf eine physisch-stoffliche Beschaffenheit, dessen Haptik und mögliche sensuelle Erfahrung.(Artner / Böhringer, S. 178.) So kann die Beschäftigung mit Objekten im Sinne einer experimentellen Sozialgeschichte deutlich machen, welche Handlungsräume durch bestimmte Artefakte eröffnet werden. Francis Parott analysiert die Auswirkung von Objekten auf die soziale Wirklichkeit, beispielsweise wie im stationär-psychiatrischen Setting der Bezug zum persönlichen Lebensraum durch Objekte vermittelt wird.
Sämtliche Abbildungen mit freundlicher Genehmigung der Urheber. Die frei verwendeten Motive stammen von Monika Estermann, Renate Solbach und Ulrich Schödlbauer.