von Michael Klein

Über die psychologische Macht von Glaubenssystemen

Menschen brauchen in ihrem Denken Sinnhaftigkeit und Konsistenz. Widersprüche und Ambiguitäten sind ihnen zuwider. Vor mehr als 150 000 Jahren hat sich im humanen kognitiven System die Fähigkeit zu komplexem, abstraktem Denken entwickelt – und damit die Möglichkeit und auch der Zwang, abstrakte Sinnsysteme zu entwickeln oder sich nach ihnen zu verhalten. Das war die Geburtsstunde von Ideologien. Für den modernen Menschen werden rigide, emotional manipulierende Ideologien (wie Faschismus, Kommunismus, aber auch dogmatische Religionen) aufgrund der Massenkommunikation zunehmend zum Problem. Solche Ideologien entwickeln in der modernen Medienwelt eine zunehmende Toxizität, die durch das unkritische Wirken der Massenmedien noch verstärkt wird. Es bedarf eines kritischeren, reflektierteren Umgangs mit den allzu oft widerspruchsfrei und unkritisch daherkommenden Ideologien des 21. Jahrhunderts – Klimaapokalypse, Alternativlosigkeit der Migration, Wokeness, Aufrüstung und Kriegspropaganda und Zerstörung der Wirtschaft sind nur einige der zu dekonstruierenden Gegenwartsideologien. Ohne Bezug zu Freiheit des Denkens und der Meinungsäußerung besteht die wachsende Gefahr einer politisch-medialen Meinungsdiktatur, in der Widerspruch und Kritik an sich schon stigmatisiert werden. Die politischen und medialen Anstrengungen zur Normierung des Denkens sind derzeit unübersehbar, was eine Gefährdung von Freiheit und Demokratie bedeutet.

Die unerkannte Macht: Von Glaubenssätzen bis zum ›Wahnsinn der Massen‹

Keine Macht steuert Menschen so stark wie die ihrer Glaubenssätze. Diese sind als Ideologien Sammlungen von Ideen, Wert- und Glaubenssätzen. Ideologien geben Menschen Sinn und Orientierung, aber auch starke Emotionen, die zu Hass und Gewalt führen können. Im Namen von Ideologisierung gehen Hunderttausende und Millionen auf die Straße und erleben den ›Wahnsinn der Massen‹ (Douglas Murray), jene spezielle euphorische bis manische Stimmung, die nur in solchen Kontexten entsteht. Ideologien sind für das mentale Wohlbefinden so wichtig wie die Nahrung für die körperliche Gesundheit. Ideologien als Sinn- und Wertsysteme können für Menschen förderlich und hilfreich sein. Dann erfüllen sie als tonische Ideologien die positiven Funktionen Verständnis und Erklärung für Alltag und Lebensfragen zu geben. Sie können zur Befreiung und Bereicherung des Lebens beitragen.

Andererseits – und dies ist das Kernproblem sozialer und internationaler Konflikte – können toxische Ideologien spalten, aufrühren und für jahrhundertelangen Hass zwischen Menschen und Völkern sorgen. Sogar durch Familien verlaufen ideologiebedingte Gräben. Toxische Ideologien entfremden Kinder von ihren Eltern. Vor allem sozialistischen und marxistischen Ideologien steht die Familie für ihre Ziele im Wege, da sie durch starke Familien mit viel Zusammenhalt zu wenig Zugriff auf das Denken von Kindern und Jugendlichen erhalten. Für Menschen sind solch toxische Ideologien kognitive Gefängnisse von rigider Natur, oft ohne dass ihnen dies bewusst wird. Nationalismus, Chauvinismus, aber auch Genderismus, radikaler Feminismus und fanatische Religiosität sind Beispiele solcher hoch rigider Sinnsysteme, die Menschen in extreme Emotionen und tiefe gesellschaftliche Spaltungen bringen. Apokalyptische Endzeitvisionen sind ebenso Ideologien, die von der Verängstigung und Panik ihrer Gläubigen leben. Oft wird es den Massen erst Jahrzehnte später bewusst, welch giftigen Ideen sie für lange Zeit gefolgt sind.

Ideologien als Psychotoxen

Für Menschen ist es nicht möglich, ohne Glaubenssätze zu leben. In diesem Sinne kann man durchaus von einem mentalen Grundgesetz Man kann nicht nicht glauben sprechen. Allzu oft verwechselt der Mensch dabei Glauben mit Wissen, was in der Konsequenz zu ernsthaften Interaktionsproblemen mit den Mitmenschen führen kann. Toxische Ideologien sind dabei das Tödlichste, was Menschen je hervorgebracht haben, weil sie diese zum Äußersten an Gefühlen (irrationale Angst, Hass), Haltungen (Spaltung, Entmenschlichung) und Taten (Vernichtungskriege, Pogrome) bringen. Alleine im 20. Jahrhundert sind mehr als 100 Millionen Menschen im Geiste und im Auftrag toxischer Ideologien ermordet oder in Kriegen getötet worden. Daher sind Reflektion und Prävention gefährlicher Ideologien in Gesellschaft, Medien und Politik, aber auch in Parteien, Subgruppen und sozialen Bewegungen eine höchst relevante Aufgabe zur Erhaltung von Frieden, Wohlfahrt und Gesundheit.

Die Aufgabe einer kritischen Reflektion der Ideologien, unter denen Menschen aktuell leben, unterliegt gerade heutzutage einer zunehmenden, gefährlichen Tabuisierung. Die Massenmedien scheitern in der Analyse toxischer Gegenwartsideologien, es sei denn es handelt sich um rechtsextreme. Aber gerade die hypnoseartige Fixierung auf ›gegen rechts‹ ist inzwischen ein großes Problem der Kartellmedien. Es steht als Exempel für ihre Einseitigkeit und partielle Blindheit – und damit für mangelnde Objektivität und Kritikfähigkeit.

Gesinnungsjournalismus hat Qualitätsjournalismus, der sich mit keinem und nichts gemein macht, abgelöst. Gerade der Journalismus hat eine große Verantwortung bei der Herstellung und Vertiefung der öffentlichen Meinung. Dieser wird er seit inzwischen etlichen Jahren meistens nicht mehr gerecht. Die Kartellmedien agieren blind und willfährig gegenüber gefährlichen, dogmatischen Weltvorstellungen aus dem postmarxistischen Lager. Andererseits agieren sie gegen konservative und libertäre Ideen. So soll bei den Menschen ein passendes, regierungsunkritisches Welt- und Menschenbild linksgrüner Couleur entstehen. Nicht mehr die abweichende kritische Meinung zählt, sondern die konformistische unkritische Gesinnung wird favorisiert und fälschlicherweise als Journalismus verkauft. Massenmedien sind nicht mehr die vierte Macht in der heutigen Demokratie, sondern die unkritischen Diener der Regierung. Sie verbreiten Naivität und opportunistische Glaubenssätze in Nachrichten und Wissenschaftsbeiträgen. Kritik wird vorschnell als Leugnen, Schwurbeln oder Verschwörungstheorie stigmatisiert. So wird rigiden, toxischen Ideologien, heutzutage besonders aus dem linken Lager, unkritischer Vorschub durch die Kartellmedien geleistet.

Es braucht eine Mentalkontrolle für toxische Ideologien

Ideologien können in ihren Grundsätzen wie auch in ihrer Umsetzung vorteilhaft wie auch toxisch für einzelne Gruppen oder die Menschen insgesamt sein. Kriterien der Toxizität sind Elemente von extremen Emotionen (Hass), Entmenschlichungsbotschaften, gesellschaftliche Spaltungstendenzen sowie Lügen und starke Realitätsverzerrungen. Eine toxische Ideologie kann durch Utopien und falsche Versprechungen Menschen emotional sehr stark manipulieren und zu extremsten Handlungen führen. Es braucht in Familien, Bildungswesen und Gesellschaften grundsätzlich eine Mentalkontrolle für die Toxizität von Ideologien, um schlimme negative Folgeerscheinungen zu vermeiden. Diese kann am besten durch pluralistische Berichterstattung und eine gegenüber allen Ideologien kritische Haltung entstehen. Die kognitiv-emotionale Entwicklung des Menschen ist zu anfällig für Massenhysterie und massenpsychotische Phänomene. Natürlich ist diese Vorstellung eine gesellschaftliche Utopie, die nur mit einer neuen, dann globalen Welle der Aufklärung zu verwirklichen wäre.

In Anbetracht des globalen Erfolgs toxischer Ideologien ist die Forderung nach einer reflektierenden Überprüfung der dominierenden Sinnsysteme gerechtfertigt. Ähnlich wie chemische Substanzen und Psychopharmaka Toxen sein können, sollten Ideologien als potentielle Psychotoxen mit ihrem gesamten Wirkprofil beschrieben werden. Warnhinweise und Nebenwirkungen sind vorab auf der Basis historischer und kultureller Erfahrungen zu geben. Dazu gehören u.a. Radikalisierung, Fanatismus und extreme Emotionalisierung.

Kommunismus und Faschismus als politische Ideologien sind klare Beispiele toxischer Ideologien. Aber auch die meisten Religionen haben das Potential toxischer Ideologien. Toxischen Ideologien muss heutzutage weltweit begegnet werden, da sie der Haupttreiber von Kriegs- und Gewalthandlungen sind. Durch die modernen Massenmedien verbreiten sich diese schneller und weiter als je zuvor. Auf der Basis der enormen Fortschritte der Bewusstseinskontrolle und manipulativen Massenkommunikation leben Menschen heutzutage stärker als je zuvor in der Gefahr, gar nicht mehr wahrzunehmen, dass sie Teil einer toxischen Ideologiebewegung sind.

Obwohl dies heute noch eine humanitäre Utopie darstellt, sollten toxische Ideologien als solche offengelegt und geächtet werden. So könnte sich die mentale Qualität der Ideen und Konzepte zum sinnvollen und gewaltfreien Leben in und zwischen Gesellschaften steigern. Allerdings sind Menschen immer noch zu wenig in der Lage, die Probleme der Ideologien, die sie favorisieren und unter denen sie leben, zu reflektieren und zu transzendieren.

Erste Ansätze einer Kompensation toxischer Ideologien liegen mit der Deklaration der Menschenrechte, dem evolutionären Humanismus (Schmidt-Salomon) und dem Weltethos (Küng) vor. Solche und ähnliche Konzepte werden sich erst in ferner Zukunft durchsetzen, wenn die Menschheit bis dahin überlebt. Die psychische Evolution der Spezies muss dafür erkennbare, nachhaltige Fortschritte machen.

Evolutionärer und kultureller Siegeszug von Ideologien

Menschen haben die Fähigkeit, komplexe Wert- und Sinnsysteme zu entwickeln, im Laufe der Evolution ihres Großhirns erworben und vertieft. Diese Fähigkeit ist Gabe und Problem zugleich. Das entstandene Streben nach Sinnerleben gibt Identität, Sicherheit und Orientierung, stärkt das Zugehörigkeitsgefühl und den Gruppenzusammenhalt. Menschen mit klaren inneren Sinnsystemen waren in der Kulturgeschichte der Menschheit erfolgreicher, weil sie zielstrebiger, aber auch radikaler zu handeln in der Lage waren als andere Menschen.

In sich geschlossene, rigide Ideologien mit emotionalisierenden Inhalten waren in der frühen Geschichte der Sesshaftwerdung und Massenkommunikation von großem Vorteil für die Beherrschung der Massen. Diese haben sich oft um übernatürliche Gottheiten und mit ihnen gleichgestellte Herrscher gedreht. Wenn Ideologien heute Absolutheitsansprüche hinsichtlich Wahrheit und Gehorsam einfordern, wird es – gerade vor dem Hintergrund der Massenkommunikation – gefährlich wie nie zuvor. In der Alltagsrealität zeigt sich mehr und mehr die zerstörerische Seite toxischer Ideologien in Bezug auf Demokratie, Freiheit und Frieden. Dabei vermag sich die Toxizität der Ideologien immer besser zu tarnen. Das, was kommuniziert wird, ist oft das Gegenteil der wahren Inhalte. Hier kommt die evolvierte menschliche Fähigkeit zum Lügen und Täuschen zum Höhepunkt.

Woher, wohin? Welche Ideologien sich durchsetzen!

Die ersten Ideologen im Leben von Menschen sind die Eltern. Später – und heutzutage allzu früh – kommen soziale Netzwerke und Massenmedien dazu. Diese nehmen einen unverantwortlich großen Raum in der Sozialisation von Jugendlichen ein. Die dort vermittelten Werte und Prinzipien sind handlungsleitend und werden in der Regel nicht mehr hinterfragt. Sie fungieren als moralische Leitsätze und grundlegende Überzeugungen. Die Kunst des aufklärerisch kritischen Denkens und Hinterfragens geht zunehmend verloren. Massenmedien vermitteln immer mehr unkritische, konformistische Haltungen, statt an der mentalen Aufklärung und Befreiung der Menschen zu arbeiten.

Entstehungsort von Ideologien sind kleine Gruppen oder einzelne charismatische Personen. Späterhin werden deren Handlungsimperative auf ganze Gesellschaften übertragen. Diesem Prozess kommt der Minderheiteneffekt (Moscovici) zu Gute, nach dem alle späterhin erfolgreichen sozialen Bewegungen als Minderheiten beginnen und sich im Einzelfall – oft sind es die besonders radikalen – gegenüber der Restgesellschaft durchsetzen.

Christentum, Islam, aber auch Kommunismus und Faschismus weisen diesen Entwicklungsvorlauf auf. Aber auch aktuell beherrschende Ideologien (Gender-, Migrations- und Klimapolitik) haben sich gesellschaftlich aus kleinsten, oft dubiosen Anfängen so entwickelt. Dabei zählt in der Akzeptanz dieser Ideologien nicht deren Evidenz, sondern ihre emotionale Überzeugungskraft. Diese wird oft durch das Verbreiten von Angst und Panik – wie etwa im Fall der Corona-Epidemie und der Klimazukunft – erreicht. Für den kritisch rationalen Beobachter dieser epochalen Effekte, stellt sich die einfache Frage, wieso die Protagonisten einer angeblich evidenten Gefahr mit so viel emotionalem Nachdruck alle Kritiker und Andersdenkenden zum Schweigen bringen wollen.

Ideologien fördern kognitive Verzerrungen

Ideologien sind keine wissenschaftlich hergeleiteten Hypothesen und gehorchen meist irrationalen und konformistischen Vorstellungen, die hervorragend geeignet sind, Menschen in Gruppen konform zu machen. Besonders beachtenswert ist, dass Ideologien im Denken der Anhänger und Mitläufer kognitive Verzerrungen erzeugen. Je rigider die Ideologien aufgebaut sind, desto stärker verzerren sie das Denken ihrer Gläubigen, bis hin zum Wahnhaften. Dazu gehören die psychologischen Prinzipien der Bestätigungsfehler, Wahrheitsfehler, selbst erfüllende Prophezeiungen und etliche weitere Phänomene. Mit Bestätigungsfehler ist gemeint, dass die Anhänger hoch selektiv nach Bestätigungen für ihre Glaubenshaltungen suchen und Gegenbeweise systematisch unterdrücken. Im Extremfall erzeugt die Tendenz zum Bestätigungsfehler Wunderglauben.

Der Wahrheitsfehler beruht auf dem Phänomen, dass die ideologischen Aussagen bei häufiger Wiederholung immer stärker als die einzig richtige und passende Wahrheit geglaubt werden. Das Phänomen der selbst erfüllenden Prophezeiungen besteht darin, dass eingetretene Tatsachen oder Ereignisse subjektiv als Beweise für die Richtigkeit der ideologischen Glaubenshaltung – also als Bestätigung der Richtigkeit der Erwartungen – bewertet werden.

Stark ausgeprägte kognitive Verzerrungen bilden ein mentales Gefängnis, welches Denken und Bewusstsein immer mehr einschränkt. Am Ende findet sich der Mensch, wie schon der griechische Dichter Hesiod meinte, als Knecht durch eigene Schuld im Machtspiel der Herrscher wieder.

Probleme psychotoxischer Ideologien

Psychotoxische Ideologien haben die Eigenschaft, sich mit negativen Emotionen (Abwertung, Hass, Verachtung, Neid) und Spaltungsverhalten bis hin zu Tribalismus aufzuladen. Dies ist derzeit in der zerfallenden alten Weltordnung gut beobachtbar. Emotional aufgeladene Ideologien von Genderismus bis zu Postkolonialismus ziehen gerade an den Universitäten Dozenten und Studenten magisch an. Hochschulen sind inzwischen keine Orte der Wahrheitssuche mehr, sondern der Anbetung irrationaler Pseudoreligionen. Gesellschaftliche Widersprüche werden schwerer oder gar nicht ausgehalten und führen schnell zu extremen Emotionen in Bezug auf andersartige Menschen. Wer anders denkt und spricht, ist heutzutage schnell der Feind. Gerade im Westen haben sich besonders selbstdestruktive Ideologien breit gemacht, die mit dem Anspruch der Tilgung historischer Schuld Menschen manipulieren und von ihren psychischen gesunden Bedürfnissen ablenken. Sie beladen sich dann mit vermeintlicher Schuld, um in Buße- und Ablassritualen Erlösung und moralische Selbstüberhöhung zu finden.

Der Westen als Wertesystem hat aufgrund der Schwäche von Christentum, Konservativismus und Liberalismus dem immer weniger entgegenzusetzen und wird international zu Recht als schwach angesehen. Die übermäßige emotionale Aufladung mit toxischen Ideologien – auch und gerade in Deutschland - ist ein deutliches Warnzeichen für zunehmende Feindseligkeiten zwischen Gruppen von Menschen und für den Zerfall der Gesellschaft. Wenn ein Bundespräsident keine Spaltung in der Gesellschaft zu erkennen vermag, ist wohl gerade das ein Zeichen für fortgeschrittene Spaltung. Wenn man die offensichtliche Realität des Landes nicht mehr erkennt, muss die kognitive Selbsttäuschung in starkem Ausmaß vorhanden sein.

Hyperideologie vs. offene Ideologien

Sinnsysteme, die zur Erkenntnis und Bewertung der Welt unerlässlich sind, können sich hinsichtlich innerer Struktur und Organisation sehr stark unterscheiden. Tonische Sinnsysteme sind durchlässig, offen, flexibel und korrekturfähig. Toxische Ideologien dagegen sind von außen undurchlässig, in sich geschlossen, unflexibel und nicht korrekturfähig.

Hyperideologische Systeme entsprechen unflexiblen, rigiden Denkstrukturen, in denen alternative Denkweisen nicht möglich oder explizit nicht erlaubt sind. Bei ihnen überwiegen im Denken die toxischen Anteile. Sie laden sich bevorzugt mit negativen Emotionen (Verachtung, Abwertung, Hass) auf. Wenn eine Person etwa denkt, dass sie zur ›Letzten Generation‹ gehört, die als letzte die Veränderung des Klimas durch eigenes Handeln aufhalten kann, dann ist das eine derart rigide Denkstruktur, die einem unflexiblen Glaubenssatz entspricht. Dahinter steht die wissenschaftlich nicht bewiesene Lehre der Klimakipppunkte. Diese verbreitet unterhalb der Schwelle empirischer Evidenz Glaubenssätze, die von ihren Anhängern prinzipiell nicht mehr hinterfragt werden.

Aber keine Wissenschaft kann bei einem so komplexen System wie dem Weltklima derartige Vorhersagen auch nur mit annähernder Genauigkeit treffen. Anderes Beispiel: Wenn eine Person behauptet, dass es beim Menschen mehr als zwei biologische Geschlechter gibt, ist dies ebenso irrational wie das erste Beispiel zur Klimaapokalypse. Das psychologisch Auffällige ist, dass in der krisenhaften Gegenwartskultur des frühen 21. Jahrhunderts immer neue irrational überspitzte, hyperemotionale Ideologien mit Universalitätsanspruch entstehen. Es scheint, dass die in den Krisenszenarien verengte kognitive Weltsicht hyperemotionale Ideologien erzeugt und diese wiederum neue Krisen befeuern. Bemerkenswert am gegenwärtigen Zustand der Gesellschaft ist, dass es eine große Bereitschaft gibt, die Fülle derartiger offensichtlich irrationaler Glaubenssätze unkritisch zu akzeptieren und weiterzuverbreiten. Von ihren Protagonisten werden sie mit auffälliger Vehemenz und intolerantem Dogmatismus als letzter Stand der Wissenschaft verkauft. Dabei müssten die Postulate dieser Ideologien unter Anwendung kritischer Vernunft schnell unakzeptabel und revisionsbedürftig erscheinen.

Glauben und Wissen

Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden kognitiven Mustern ›glauben‹ und ›wissen‹ besteht darin, dass Glauben allgegenwärtig ist, starke Emotionen zu erzeugen vermag, sich jedoch oft in allzu dogmatischer Weise als Wissen tarnt, während Wissen in sokratischer Tradition bescheiden und unemotional daherkommt. Subjektives Wissen, genährt aus Erfahrungen, Massenmedien, Bildung und Propaganda, scheint dem Glaubenden fälschlicherweise als gesichertes Wissen. Vor allem die Propaganda der Massenmedien ist gefährlich, weil sie durch ständige Wiederholung (›truth-effect‹) den Anspruch der Wahrheit erhebt und kaum noch Zweifel und Kritik zulässt.

Herrschaft der Ideologien im 21. Jahrhundert

Skrupellose, oft psychopathische Machthaber, die ihre Ideologien benutzten, um die Massen zu manipulieren und zu unterdrücken, forderten in der Vergangenheit von ihren Untertanen blinden Gehorsam, Nachbeten der Glaubenssätze und Internalisierung der Inhalte. Am Ende exzessiver Dominanz böser, toxischer Ideologien standen stets Dystopie, Zerstörung, Tod und Chaos. So war es bei hoch ideologisch ausgetragenen Religionskriegen und noch mehr beim Faschismus und Kommunismus des 20. Jahrhunderts.

Gerade in unserer heutigen multimedialen Gesellschaft wird die Manipulation der Massen durch herrschende Eliten in exzessiver Manier betrieben. Die Methoden sind filigraner und damit unsichtbarer geworden, die Gefahren sind dadurch im Vergleich mit vergangenen Zeiten noch gestiegen. Heutzutage sind Widerspruch, kritische und skeptische Haltungen gegen die Leitmeinung psychologisch und sozial riskant. Es drohen soziale Stigmatisierung bis hin zum ›sozialen Tod‹ durch Cancel Culture und Deplatforming. Nicht selten haben Menschen, die sich der sogenannten Mehrheitsmeinung, die von den Leitmedien produziert wird, widersetzen, ihre Existenz verloren. Auch psychisch entstehen viele typische Stressfolgesymptome für die, welche Widerspruch und Kritik äußern. Dazu zählen Verzweiflung, Vereinsamung, Depression, pathologische Ängste und Suizidalität. Dabei ist das Hinterfragen massenmedialer Botschaften, die als Wissen daherkommen, besonders wichtig. Es könnten toxische Ideologien sein, die die Menschen mit Scheinwissen und vielen Angstbotschaften gefügig und konformistisch machen wollen.

Obwohl unser Grundgesetz freie Rede und Selbstentfaltung der Persönlichkeit garantiert – besonders in Art. 5, Abs. 1 [Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.] –, sieht die Realität inzwischen ganz anders aus. Inzwischen werden Gesetze geschmiedet, die Widerspruch und Kritik – und dazu zählt auch die Lächerlichmachung als Form von Humor – stigmatisieren und sanktionieren wollen. Unter der euphemistischen Bezeichnung ›Demokratiefördergesetz‹ soll die Freiheit der Rede eingeschränkt werden. Wer dies anstrebt, will auch das Denken der Bürger normieren. Schon mehr als die Hälfte aller Menschen im Land ist der Meinung, dass es nicht möglich ist, seine Meinung frei ohne das Risiko negativer Folgen zu äußern. Was würde also geschehen, wenn die Menschen konsequent von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch machten?

Wege aus dem Ideologiedilemma

Die beschriebene Macht toxischer Ideologien in der postmodernen digitalen Mediengesellschaft ist grundsätzlich prekär und gefährlich. Toxische Ideologien sind für die größten Katastrophen der Menschheitsgeschichte verantwortlich. Die multiplen gesellschaftlichen und zwischenstaatlichen Krisen der letzten Jahre sind ein Menetekel für die wieder zunehmende Macht böser Ideologien wie Nationalismus, Marxismus, religiöser Fanatismus und Wokeismus. Dreh- und Angelpunkt zur Gestaltung der Zukunft sind das Bildungssystem und die Massenmedien. An ihnen wird sich erweisen, ob es eine freie, gerechte und humane Zukunft gibt, oder ob diese Werte zerstört werden. Und dabei ist auf der Basis der Kenntnis moderner Propagandatechniken naheliegend, dass diejenigen, die massenmedial Demokratie und Gerechtigkeit predigen, nicht unbedingt die wirklichen Bewahrer dieser Werte sind.

Der aktuelle Zustand von Bildungssystem und Massenmedien erfüllt überwiegend keine aufklärerische, emanzipatorische Funktion mehr, sondern verstärkt die Krise der Unmündigkeit. Zur Umkehr bedarf es Klarheit im Denken, Mut und Widerspruchsgeist, also Tugenden, die immer seltener in der Alltagsrealität zu finden sind. Der postmoderne Mensch sollte aus einer metakognitiven Perspektive seine eigenen Ideologien und die der anderen analysieren und reflektieren können. Check your ideologies wird zum Warnhinweis vor übermäßig rigiden, emotionalen und spalterischen Glaubenssystemen, die als Wissen getarnt daherkommen. Woher kann ich wissen? Ist mein Wissen in Wahrheit Glauben? Wem nützt es, dass ich so fest an etwas glaube, ohne es zu hinterfragen?

Wenn ein Wandel des Umgangs mit Ideologien nicht aus der Politik und den Massenmedien kommt – und dies steht ganz und gar nicht zu erwarten – muss eine neue Kultur des Umgangs mit toxischen Ideologien aus der Gesellschaft selbst kommen. Am Beispiel der derzeit grassierenden Krisen ist dies zu verdeutlichen: Die Mythen und Ideologien der Gegenwartspolitik müssen kritisch diskursiv in Frage gestellt werden. Menschen sollen nicht glauben, dass die Denkweise, die sie in den Kartellmedien präsentiert bekommen, die einzig mögliche und richtige Form des Denkens ist. Das Gegenteil ist auffällig häufig der Fall, wenn man den Ablauf der Dinge nur mit Geduld und Tiefe verfolgt.

Beispielhafte Mythen der Gegenwartspolitik sind: Migrationspolitik (›alternativenlos‹), Klimapolitik (›alles menschengemacht‹), Energiepolitik (›Wind und Sonne schicken keine Rechnung‹), Wirtschaftspolitik (›Degrowth – euer Wohlstand wird zu eurem Besten verschwinden‹), Coronapolitik (›wir wollten nur euer Bestes‹), Sicherheitspolitik (›die Ukraine wird am Ende siegen‹) uvm. Wenn die ideologischen Mythen der Gegenwart, die sich immer mehr wie Systemschlamm ansammeln, nicht kritisiert und dekonstruiert werden, drohen der Demokratie und Freiheit ernste Gefahren, die in totalitäre Verhältnisse führen können. Dann drohen im 21. Jahrhundert ein nie dagewesenes Maß an Gleichschaltung, Ideenlosigkeit und – am langen Ende – Angst und Meinungsdiktatur.

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