
30 Jahre Deutsche Einheit
von Gunter Weißgerber
Helmut Kohl führte nach 1982 den deutschlandpolitischen Weg von Brandt/Scheel und Schmidt/Genscher fort. Brandts Wandel durch Annäherung, der Grundlagenvertrag, Schmidts KSZE-Engagement und dessen Idee der Doppelten Nulllösung – all das nahm Kohl auf. Auf den Punkt gebracht: ich bin Schmidt für die Doppelte Nullösung genauso dankbar wie ich Kohl für die Durchsetzung des NATO-Doppelbeschlusses zu danken habe. Anders ausgedrückt, der Widerstand der Unionsparteien gegen die Neue Ostpolitik hatte mich genauso geärgert wie mich das ›Gemeinsame Papier von SPD und SED‹ von 1987 noch heute auf die Palme zu bringen vermag.
Warum Apokalyptik und ›offene Zukunft‹ keine Gegensätze sind
Gastbeitrag von Stephan Schleissing
»Die Apokalypse lähmt«, stellte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Ende 2019 in einem Interview mit dem Tagesspiegel fest. Das war direkt gegen das Verständnis von ›Zukunft‹ bei Fridays for Future gerichtet:
Macht uns der apokalyptische Ton, der die Klimadebatte prägt, am Ende politisch hilflos? Kapitulieren wir gar vor einer Zukunft, von der wir doch hoffen, dass wir sie gestalten können?
Das Verhältnis zu Russland – Kern-Frage des Friedens in Europa
von Peter Brandt
Niemand außer den Tätern und eventuellen Auftraggebern weiß bisher, wer den russischen oppositionellen Politiker Alexei Nawalny ermorden oder gesundheitlich schwer schädigen wollte und warum. Als die wahrscheinlichste Variante gilt Kennern die eigenständige Aktion einer autonom handelnden Gruppe, eventuell in den Sicherheitsapparaten, die sich im Einklang mit der Staatsführung sieht. Würde sich das bewahrheiten, wäre es sicher kein Grund zur Beruhigung, denn es würde bestätigen, was schon einige Zeit vermutet wird: dass das Gewaltmonopol des Staates als eines einheitlichen Akteurs in Russland nicht mehr funktioniert. Ja, Russland hat nach wie vor und im letzten Jahrzehnt wieder verstärkt ein autoritäres, zumindest semi-autoritäres Regime mit starken Rechtsstaatsdefiziten und Korruptionsauffälligkeit (mehr noch als Demokratiedefiziten) sowie eine Gesellschaftsordnung, die staats- und privatkapitalistische Charakteristika kombiniert. Damit befindet es sich im Einklang mit den meisten der anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion und steht keineswegs am unteren Ende der Skala.
Nachhaltigkeit – die kleine Schwester des Wärmetods
von Wolfgang Rauprich
Nachhaltigkeit ist ein Begriff, der nunmehr schon länger als drei Jahrzehnte zunächst durch umweltpolitische Debatten geistert und seit gut zehn Jahren als Allheilmittel zur Rettung der Erde vor Umweltzerstörung und Klimakollaps propagiert wird. Der Club of Rome war hierbei Vorreiter, die sogenannte Brundtlandkommission der Vereinten Nationen beförderte mit ihrem Abschlussreport Ende der 1980er Jahre seine weltweite Verwendung. Die zunehmend enge Verzahnung mit weiteren Begriffen wie Gleichheit und (soziale) Gerechtigkeit erfolgte dann im Verlauf der Ideologisierung ökologischer Themen und deren Zusammenführung mit dem schon vorher hoch ideologischen Katalog von Sozialforderungen.
Füllmich. Eine Pandemie wird zur Kasse gebeten
von Ulrich Schödlbauer und Gunter Weißgerber
Ein deutsch-amerikanischer Anwalt, der Füllmich heißt, steht vielleicht vor der Aufgabe seines Lebens: Er hat sich, zusammen mit Gleichgesinnten, dazu entschlossen, für die ungeheuren ökonomischen Verluste, die diesseits und jenseits des Großen Teichs im Zuge der Corona-Pandemie anfielen und weiterhin anfallen, Entschädigungen gegenüber den Personen und Institutionen einzuklagen, die, so die zugrundeliegende Sicht der Dinge, den Stein ins Rollen gebracht haben, also in erster Linie der Berliner Virologe Christian Drosten, das Robert-Koch-Institut, die WHO und, kommt Zeit kommt Rat, womöglich auch die deutsche Bundesregierung.
Sämtliche Abbildungen mit freundlicher Genehmigung der Urheber. Die frei verwendeten Motive stammen von Monika Estermann, Renate Solbach und Ulrich Schödlbauer.