Zum Tode von Paul Mersmann
von Ulrich Schödlbauer
Der Surrealismus, die europäische Sprachschule der Zwischenkriegszeit, ist nicht tot. Er hat die leichtgewichtigen Werke Bretons und Aragons überlebt, das Ende der Ismen und den neuen Verismus, weil er in der Werbung und der Politik mächtige und prinzipiell unabschaffbare Verbündete besaß. Er musste sie nicht erst lang überzeugen. In ihm fanden sie willkommene Werkzeuge ihrer Überzeugungsarbeit. Der elitäre Kommunarismus, der massendemokratische Elan, der jede einzelne Handlung mit einer Zukunft verbindet, die weiß und offen in einem kochenden Weltall schwebt – Blochs Feuertopf (»Die Materie ist ein Feuertopf«) mitsamt dem rituellen Kopfschütteln, das er hervorruft, ist sein Erzeugnis. Der Surrealismus der Tat scheut die Macht, die er sucht. Er sucht nicht ihre Nähe, sondern sie selbst, er will sie, aber im Modus des Nichtbesitzens. Er will nicht als ihr Inhaber gelten, sondern als ihr Zerstäuber. Dazu bedarf es einer Gesellschaft von Gleichgesinnten, die es nicht gibt, die sich von Fall zu Fall erfinden muss, um den, der die Gunst der Stunde nützt, um sich in den Besitz des Zaubermittels zu setzen, wieder zu entzaubern und, wenn möglich, von der Bühne zu vertreiben.
von Ulrich Schödlbauer
Unter Kulturschaffenden gilt, wer die Kultur des eigenen Landes preist, als borniert. Nicht ohne Grund – die Fallhöhe zwischen dem eigenen Anspruch auf Einzigartigkeit und der Misere des Betriebs, von dem er sich er sich abhebt, ist ein Aufmerksamkeits-Garant, auf den zu verzichten sich nur wenige leisten können. Wer preist, will Geld, wer Kultur preist, will Zuwendungen. Da muss man sorgfältig vorgehen, dass nicht am Ende die Falschen vom Segen profitieren.
von Ulrich Schödlbauer
Mediale Massenerregungen, durch immer nachgeschobene Demonstrationsbilder sinnreich stimuliert, gleichen sich wie ein Ei dem anderen. Insofern läge der Neuheits- oder Informationseffekt der ersten Tage des US-Präsidenten im Amt nahe Null, handelte es sich diesmal nicht um den traditionellen Sitz des Guten in der westlichen Welt, der täglich seine Schockwellen um den Planeten sendet. Die letzte vergleichbare Erregung entzündete sich an Russlands Putin nach dem Abschuss eines Verkehrsflugzeugs über der Ukraine, der bis zur propagandistischen Außerdienststellung den letztlich ungeklärten Untaten der Geschichte zugerechnet werden muss, während die Nachrichtenblätter, wie sie da noch hießen, gleich Bescheid wussten und den Vorfall kräftig orchestrierten.
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