von Gunter Weißgerber

Zur Bundestagswahl – Teil 3

Heute schreibe ich über die älteste demokratische Partei Deutschlands, über die SPD. Gegründet 1863 von Ferdinand Lassalle, stand sie in ihren erfolgreichsten Zeiten für den sozialen Teilhabe- und Aufstiegsanspruch der Arbeiter, Handwerker, Techniker, Ingenieure zuerst im Kaiserreich, später in der ›Weimarer Republik‹, in der alten Bundesrepublik bis 1990 und seitdem in der vereinigten Bundesrepublik.

Die erfolgreiche Geschichte der Bundesrepublik ist ohne die SPD und ihre Kanzler Willy Brandt, Helmut Schmidt und Gerhard Schröder nicht denkbar. Was Gerhard Schröder seit seiner Abwahl 2005 macht, gefällt mir keineswegs, schmälert seine erfolgreiche Politik als Bundeskanzler aber nicht. Deutschland galt vor zwanzig Jahren als kranker Mann Europas, Schröders Agenda 2010 mit ihrem sozialdemokratischen Prinzip des ›Förderns und Forderns‹ machte die Bundesrepublik zur Wirtschaftslokomotive der Europäischen Union. Und jetzt ist es ausgerechnet die nach-Schröder-SPD, die Deutschland erneut zum kranken Mann degenerieren lässt.

Zeitweise verboten im Kaiserreich, generell verboten im Dritten Reich und in der DDR stand sie wie keine andere deutsche Partei für Freiheit, Demokratie und Chancengleichheit. Die SPD vor 2015 wäre niemals auf die Idee gekommen, soziale Plattformen wie Facebook und Twitter von Staats wegen zum Ausschnüffeln der Bürger zu verpflichten. Ich meine das ›Netzwerkdurchsetzungsgesetz‹, welches auf Inhalte und Töne in den Plattformen achten und im Fall von ›Verstößen‹ gegen politisch einseitig auslegbare sogenannte Verstöße einschreiten und disziplinieren soll. Es ist gerade so, als ob in den Gasthäusern und Restaurants die Wirte auf die Gespräche ihrer Gäste achten, diese zurechtweisen, der Gaststätten verweisen und an den Staat melden sollten. Die jetzige SPD ist hauptverantwortlich für den öffentlichen Geruch nach Spitzeln und Repression in Deutschland. Deutschland ist, was Meinungsfreiheit angeht, ein Rückentwicklungsland geworden und das wurde maßgeblich durch die SPD in Gang gesetzt. Die SPD ist zu einer Schande ihrer freiheitlichen Geschichte geworden. Besserung ist nicht in Sicht, im Gegenteil.

Die ›Friedliche Revolution‹ 1989, die für Ostdeutsche das überragende Ereignis und vergleichbar in der Bedeutung dem Wahlsieg der MDF im März 1990 für die Ungarn ist, erwischte die bundesdeutsche SPD auf dem falschen Fuß. Der linke Parteiflügel um Oskar Lafontaine setzte auf die Kooperation mit dem SED- und Stasi-Staat DDR und wurde von der Gründung der Sozialdemokratischen Partei in der DDR (SDP) ins Mark getroffen. Wir Ost-Sozialdemokraten, nicht aus der SED kommend, zerstörten nicht nur die Anmaßung der SED, eine Partei von Kommunisten und Sozialdemokraten zu sein, was faktisch der Todesstoß für die SED war, sondern wir ließen die westdeutsche Illusion vom wichtigen Versuchslabor ›Sozialismus‹ platzen. Keiner von denen im Westen wollte in der DDR leben, uns gönnten sie dagegen das Schicksal von Versuchskaninchen. Linke Heuchler halt.

Die Ostsozialdemokraten wollten die Deutsche Einheit als Sicherheit vor einer möglichen Rückabwicklung der Friedlichen Revolution durch die Sowjetunion, der Moskauer Putsch vom August 1991 gab uns nachträglich recht. Der gemäßigte westdeutsche SPD-Flügel wollte die Deutsche Einheit ebenso. Damit ging die SPD uneinig in die Einheit und zahlte dafür einen hohen Preis in der DDR-Volkskammerwahl vom 18. März 1990 und in der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl im Dezember desselben Jahres.

Es sollte dann noch acht Jahre bis zum fulminanten SPD-Wahlsieg mit Gerhard Schröder 1998 dauern. Fulminant auch deshalb, weil in dieser Wahl die SED-Nachfolgepartei aus dem Bundestag gewählt wurde und nur noch mit zwei in Berlin direkt gewonnen Mandaten im Parlament vertreten war. Die SED als wahrnehmbare Kraft war quasi verschwunden, was ein Ziel der Ostsozialdemokraten seit 1989 war.

Gleichzeitig machte der linke SPD-Flügel die SED-Nachfolger in den Bundesländern durch Koalitionen salonfähig. Die SPD blies ihren Gegner sozusagen wie einen Frosch auf und staunte dann über dessen Ballongröße. Ähnlich betreibt es inzwischen die CDU mit den Grünen. Aber dazu später mehr.

Die SPD machte weitere dramatische Fehler. 2007 gab sie sich in Hamburg ein neues Grundsatzprogramm, in dem der Sozialismus wieder einen höheren Stellenwert bekam. Das war ein Signal an die SED-Nachfolgepartei, die inzwischen unter ›Die Linke‹ firmiert. Die SPD bewegte sich nach links und verzichtete damit auf die Wählermehrheiten in der Mitte der Gesellschaft. Höhepunkt dieser Entwicklung war der Leipziger SPD-Parteitag von 2013. Dort beschloss die SPD den Koalitionsanspruch mit der Linkspartei auf Bundesebene. Da die Linkspartei sowohl eine kommunistische Plattform besitzt und sich mit der Antifa umgibt, schloss die SPD faktisch auch mit diesen linken Demokratiegegnern die Zusammenarbeit nicht aus. Seit diesem Bundesparteitag kämpft die ehemalige Sozialdemokratische Partei einen inhaltslosen Phrasenkampf gegen ›Rechts‹ unter Einschluss von Linksextremisten. Demokratietheoretisch unglaubwürdiger geht es nicht. Die Warnungen, dass in diesem Fall die Gesellschaft gespalten und Parteien am rechten Rand stärker gewählt werden würden, erfüllten sich in der Folge. Die SPD rückte nach links, die CDU unter Frau Merkel zog ihr hinterher und beide schufen rechts der Mitte ein Vakuum, in das die AfD bequem hineinrutschen konnte. Nun ist im SPD-Wahn die AfD schuld an der AfD-Stärke und nicht etwa die SPD und die CDU. Begreife das, wer will. Stand die SPD in ihren guten Zeiten für Wahlergebnisse um die vierzig Prozent, so ging es mit ihrem Linkskurs stetig bergab. Im September erhält die SPD vielleicht fünfzehn Prozent – ein selbstverschuldeter Niedergang ohnegleichen.

Ohnehin ist die heutige SPD absolut lernunwillig. Von Wahl zu Wahl werden ihre Ergebnisse schlechter und an den Wahlabenden reicht es im Bund nie für eine Koalition von SPD, Grünen und Linken (RRG). Im Gegenteil. Es sind negativ kommunizierende Röhren. Das Bekenntnis zu RRG nimmt der SPD mehr Stimmen als sie dafür bekommt, und führt zu einer tatsächlichen Reduzierung der vor der Wahl addierten möglichen Gesamtstimmen. Eine Kursänderung ist nicht in Sicht.

Die SPD hat sich in den vergangenen 15 Jahren von einer sozialdemokratischen Partei zu einer sozialistischen Partei gewandelt. Einhergegangen ist damit ein deutlicher Personalaustausch. Fachlich fundierte Positionen gelten nichts mehr oder werden als rechts diffamiert, linke praxisuntaugliche Haltungen werden zum Ticket für Parlamentskarrieren. Die SPD entwertete die Aufgabe, möglichst vielen Menschen die Existenzsicherung durch Arbeit zu ermöglichen. Eine religiös anmutende Weltrettungshysterie nahm den Platz der Arbeit für die SPD ein. Hinzu kam der Merkelsche Jahrtausendfehler von 2015, den die SPD nicht nur wohlwollend begleitete, sondern noch massiver forderte. Im September 2015 öffnete die CDU mit der SPD völlig unkontrolliert die Schleusen für Millionen Menschen aus völlig kulturfremden und rückschrittlichen Weltregionen, Grüne und Linke standen daneben und zollten Beifall und die AfD wurde sozusagen von der Völkereinwanderung in den Bundestag geschoben. Seitdem wird in Deutschland gelogen, dass sich die Balken biegen, wird Kriminalität verschwiegen und in der Statistik meist unter rechter Kriminalität eingeordnet, was tatsächlich muslimische und muslimisch-antisemitische Kriminalität ist. Aktuell erlebt die Bundesrepublik eine Welle der Gewalt gegen Israel und die Juden. Das ausgerechnet in dem Staat, dessen Vorgänger Millionen Juden vieler Nationen auslöschte. Was die Juden dabei erleben ist, dass diese Gewalt gegen sie vor allem vom zugewanderten muslimischen Bevölkerungsteil ausgeht. Viele kluge Menschen warnten und warnen vor dieser unkontrollierten Zuwanderung. Wer den Orient reinholt, importiert auch dessen archaische Regeln und seine Konflikte. Die SPD steht ganz vorn bei denen, die die Feinde derer ins Land holen, die sie schützen müssen: die Juden jeglicher Nationalität.

In der Wirtschafts-, Energie- und Forschungspolitik zerstört die SPD den Standort Bundesrepublik Deutschland nachhaltig. Die Automobilindustrie kämpft durch die SPD ums Überleben – die Ungarn sollten das ausnutzen! Die Deutschen zahlen doppelt so hohe Energiepreise wie ihre Nachbarn. Für die SPD sind die exorbitanten Energiepreise, die vor allem ihre früheren Wähler stöhnend bezahlen müssen, kein Grund des sozialen Nachdenkens. Der Erde würde es ohne die Menschen aus SPD-Sicht besser gehen – aber wer braucht so eine Erde?

Die deutsche Sozialdemokratie wandelte sich von einer freiheitlichen Partei, die Gesellschaftsarchitekturpolitik als Dressur eines Volkes ablehnte zu einer Partei, die die Bevölkerung umerziehen will. Die SPD hat vergessen, das der ideologische Weg ins Paradies auf Erden immer durch Lager führt. Die heutige SPD steht einer Lagerordnung näher als der Freiheit.

Für das Verhältnis Ungarn- Deutschland ist die Haltung der SPD mittelfristig insofern irrelevant, da mit einer SPD-Regierungsbeteiligung ab September 2021 höchstwahrscheinlich nicht zu rechnen ist. Die SPD hat sich unwichtig gemacht.

(Der Beitrag erschien am 30. 5. 2021 in Magyar Nemzet in ungarischer Sprache.)

Geschrieben von: Weißgerber Gunter
Rubrik: Politik