Tagaus tagein bere­ichert das Fernse­hen unser Leben. Davon lässt sich doch eine Scheibe abschnei­den, oder nicht? Nehmen Sie das ruhig wörtlich – es kön­nte sein, dass Sie diese Scheibe, dieses ... Scheibchen vielle­icht noch ein­mal benöti­gen wer­den. Respond or die. Nie gehört? Auf welchem seli­gen Plan­eten leben Sie denn? Sie fluchen? Nein, nicht diese Töne, das ver­bitte ich mir. Ich bin Human­ist. Was habe ich gesagt? Ups, das habe ich gesagt. Oder, richtiger: »Oooops!« – Comic-Sprache, ja gewiss, was ist daran auszuset­zen?

Ohne Comic kein Leben, jeden­falls keins, das die Wieder­hol­ung lohnte. In der Wieder­hol­ung, im Wieder-holen liegt wahre Stärke. Erst das Wieder­herge­holte ist wirk­lich ... zwis­chen eins und zwei spielt die Musik. Diese kleinen Rem­i­niszen­zen, die unseren All­tag durchziehen, sich hier ein­nis­ten, dort eine gerade noch unbekannte Tönung bewirken, leichte Eintrübung hier, winzige Aufhellung dort, sie geben dem Leben Richtung, Form, Farbe, Vertrautheit ... das ganze Arsenal, das es dem Einzelnen erlaubt, ›meine Erfahrung‹, ›mein Leben‹, ›meine Beziehung‹ zu sagen, ohne ins Stammeln zu geraten. Manch­mal wird selbst das Sehen affiziert... Und erst die Rede! Wir haben gese­hen und reden wie Erstlinge nach der Taufe. Das Wei­h­wasser, das die Haut netzt, ver­leiht nicht mehr und nicht weniger als: Sprache. Aber dieses Segenswasser, es perlt ab, es ver­dun­stet, es ver­schwindet auf Nim­mer­wieder­sehn und hin­ter­lässt ... kleine, sich rasch ver­flüchti­gende Effekte.

Was der Men­sch leis­ten kann, das zeigt sich erst in der Wieder­hol­ung. Die Wieder­hol­ung ruft dem Flüchti­gen zu: Steh! Und es steht. Kein Zweifel, es steht. Nicht ohne Weit­eres, Ero­sion bleibt ein großes Thema, doch: Es steht. Es hat sich eingeprägt, es steht geschrieben. Was da geschrieben steht – in der Brust, nein, nicht in der Brust, aber doch in hinreichend vielen für seine Aufnahme vorbereiteten Körperzellen –, es bleibt nicht etwa, wie manche naiver­weise ver­muten, ein passiver Lebensbegleiter, es entpuppt sich als das Leben des Indi­vidu­ums selbst, festgehalten in beweglichen Lettern, die gerne die Plätze tauschen und hin und wieder völlig verblassen, nur um bei der nächstbesten Gelegenheit umso energischer aufzuscheinen. Wenn, um ein Beispiel zu geben, das abendliche Krimiprogramm eine Zeitlang ver­mehrt Ups-Täter*innen ent­tarnt, deren Weg sich auf wundersame Weise mit Leichen säumt, dann geschieht das keineswegs, weil einige Programmgestalter beschlossen hätten, der Bevölkerung angesichts der Gefährlichkeit der dinglichen Welt oder der Welt der Affekte oder irgen­deiner anderen Welt die Augen zu öffnen. Es geschieht hoffentlich auch nicht, um Nachfolgetäter*innen zu animieren. Nein, es geschieht, damit alles auf die rechte Weise geschehe.

Das Ups, ein­mal in der Welt, bedarf wie jede natür­liche Lebens­form der Sonne, der steigern­den Kraft, der pfle­gen­den und stärk­enden Hand, die es tatkräftig aus dem umgebenden Gestrüpp wirrer Lebensäußerungen heraushebt, um es seiner Bestimmung zuzuführen. Das Fernse­hen ist ein großer Küm­merer, der größte, den wir haben, prak­tisch küm­mert es sich um alles. Die Förderung des letalen Ups gehört unter seine küh­neren Stre­iche. Sie gibt dem, was Menschen gelegentlich unterläuft und sie, abgesehen von den kriminellen Aspekten, unsäglich dämlich dastehen lässt, eine ordentliche Fasson: U-p-s. Von Sin­nen sein muss nicht unsinnlich ausse­hen. Behal­ten Sie die Kontrolle: Ups. War da etwas? Ich sehe nichts. Ups. Sehen Sie mich an: Sehe ich so aus? Ups. Es war leicht, wis­sen Sie, schw­ere­los. Es bot sich an. Ups. So ein Ange­bot schlägt man nicht aus. Ups. Ohne Zweifel ist der Men­sch von Sin­nen. Ich fürchte, wir ver­ste­hen uns.

Geschrieben von: Siebgeber Ulrich
Rubrik: Der Stand des Vergessens